Keyboard- & Klavierunterricht für Erwachsene – Interview mit Klavierlehrer
Michael Thoma
Du unterrichtest in deiner eigenen Klavierschule erwachsene Klavier- und Keyboardschüler. Besteht dafür
überhaupt ein Markt?
Stärker als ich dachte. Ich habe diesen Bereich ausgebaut, weil ich immer mehr Anfragen von Erwachsenen bekam. Und die letzten Jahre
zeigen, dass sich die Gruppe der Klavier-Interessierten laufend vergrössert.
Was sind die Gründe dafür?
Es gibt viele Leute, die in ihrer Jugendzeit Klavierstunden hatten, jedoch aufhörten. Nicht wenige bereuen den Entscheid, den
Klavierunterricht abgebrochen zu haben und möchten im Erwachsenenalter das Versäumte nachholen. Insbesondere Pensionierte machen
es sich zum Ziel, die nach der Pensionierung vorhandene Zeit mit dem Erlernen eines Instruments zu nutzen.
Ist es dann nicht zu spät?
Meine Erfahrungen sagen nein. Mehrere Schüler haben mir gezeigt, dass das Erlernen eines Musikinstruments auch in diesem Alter noch
möglich ist. Natürlich lernt ein Erwachsener grundsätzlich nicht mehr so schnell wie ein Jugendlicher. Wenn ich jedoch sehe, mit welchem
Eifer Pensionierte ans Werk gehen, dann übertreffen diese mit ihrer Disziplin häufig die Fortschritte eines mässig fleissigen Jugendlichen.
Was magst du besonders am Erwachsenenunterricht?
Ich liebe die Abwechslung: Menschen verschiedenen Alters bringen verschiedene Ideen in die Klavierstunden mit, haben unterschiedliche
Wünsche, möchten Musik unterschiedlicher Stilrichtungen spielen. Sie bereichern meinen Musikunterricht mit ihrer Persönlichkeit, ihren
Geschichten, ihren Erfahrungen. Nicht selten ergeben sich spannende Gespräche, die über das Musikalische hinausgehen.
Für mich ist es immer interessant herauszuspüren, was der Schüler genau möchte. Die Spannweite ist enorm. Die einen wollen im
Klavierunterricht modernere Literatur ab Noten spielen oder ihre Fähigkeiten ohne Noten zu spielen fördern. Andere wollen mehr über
Musiktheorie wissen oder das Zusammenspiel erleben.
Das heisst, ihr spielt dann vierhändig?
Ja, das ist eine Möglichkeit. Ich setze jedoch auch mein Keyboard ein, um ein Stück mit einem Klavierschüler zusammen musikalisch zu
gestalten. Man sollte immer daran denken, dass Musizieren grundsätzlich eine Gruppenaktivität ist. Wir Pianisten und Keyboarder
vergessen dies manchmal, da wir mit den Möglichkeiten unserer Instrumente ja bestens alleine spielen können. Das Zusammenspiel fördert
jedoch soziale Kompetenzen und die Fähigkeit, aufeinander zu hören. Dies sollten wir nicht unterschätzen.
Keyboarder sehe ich häufig als Alleinunterhalter an Festen. Ist dein Keyboardunterricht auf dieses Ziel
ausgerichtet?
Im traditionellen Unterricht ist dies so. Da die Gesellschaft das Keyboard genau so wahrnimmt, erwartet ein Schüler auch dies von einer
Keyboardschule. Der Keyboarder ist jedoch auch Teil einer Band. Wenn wir aktuelle Musik hören, so gibt es viele musikalische Parts, die
von Keyboardern übernommen werden können oder müssen.
Was heisst das für deinen Keyboardunterricht?
Das bedeutet, dass ich den Schülern nicht nur zeige, wie sie ein Stück für sich alleine mit dem Begleitautomaten spielen können, sondern
sie lernen auch alles, was es braucht, um in einer Band als Keyboarder mitwirken zu können.
Was beinhaltet dies konkret?
Eine ganze Menge: Der Band-Keyboarder muss die Instrumente in einem nachzuspielenden Musikstück erkennen und entscheiden können,
was er mit welchen in seinem Keyboard vorhandenen Klängen spielt. Dann muss er diese Teile – Melodien, Akkorde oder Effekte – aus dem
Stück heraushören und nachspielen können. Er muss also sehr genau hinhören und herausfinden, was der Musiker, der auf der Aufnahme
spielt, genau gemacht hat.
Tönt ziemlich aufwändig...
Das ist es auch, jedoch auch sehr spannend. Es bringt den Schüler in seinem musikalischen Verständnis weiter. Er lernt, Musik bewusster
zu hören, diese zu analysieren und nachzuspielen. Und er lernt ebenfalls, auf andere Mitmusiker zu hören.
Ich nahm einst auch Klavierunterricht. Was mir damals nicht so gefallen hat, war der Unterrichtsraum, der
eher eng und ungemütlich war.
Das ist tatsächlich ein Thema. Aufgrund der Lärmemissionen befinden sich Unterrichtsräume häufig an wenig attraktiven Orten. Mir ist
jedoch wichtig, dass der räumliche Rahmen auch stimmt und die Schüler sich wohl fühlen. Nach längerer Suche habe ich einen
grosszügigen Raum in einem Gewerbehaus in Russikon im Zürcher Oberland gefunden, wo ich Klavierstunden erteilen kann.
Wo hast du dein Handwerk denn gelernt? Gibt es eine Ausbildung zum diplomierten Keyboarder?
Ja, heute gibt es das, früher hatte man diese Möglichkeit allerdings noch nicht. Ich bekam allerdings die Gelegenheit, dies nachzuholen und
habe ein Zertifikat CAS (Certificate of advanced studies) im Fach Keyboards erworben.
Das Knowhow bringe ich aus der Zeit mit, als ich als Pianist und Keyboarder auf der Bühne arbeitete, ich war lange Autodidakt. Auch den
Bereich Musikproduktion erlernte ich ohne grosse Hilfe kennen, indem ich schon früh mit Cubase und Logic zu arbeiten begann. Heute ist
es verhältnismässig einfach, mit den modernen Medien zu produzieren. Die Softwares sind günstig und einfach in der Bedienung. Das ist
eine echte Bereicherung, da man mit wenigen Mitteln recht gute, einfache Musikproduktionen auf die Beine stellen kann.
Kontakt
Klavier- & Keyboardschule Michael Thoma
Schickmattweg 8b
8332 Russikon
079 430 57 27
michael.thoma(at)klavierschule.ch
www.klavierschule.ch